Frauen stärken Frauen in Kabul und Scheberghan
Darum geht es
Afghanistan erlebt eine der grössten humanitären und politischen Katastrophen in der jüngeren Geschichte des Landes. Frauen und Mädchen sind besonders betroffen von der aktuellen Situation. Seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 werden die Rechte von Frauen und Mädchen systematisch eingeschränkt.
Frauen haben praktisch keine Möglichkeiten zur politischen Teilhabe, zudem sind sie vom Arbeitsmarkt und Bildung weitestgehend ausgeschlossen. 80 Prozent der afghanischen Mädchen und jungen Frauen besuchen gegenwärtig keine Schule. Das entspricht ungefähr 2,5 Millionen Afghaninnen. Sie dürfen das Haus oft nur noch in Begleitung eines männlichen Familienmitglieds verlassen, dürfen sich nicht mehr in Parks aufhalten und in der Öffentlichkeit nur noch leise sprechen.
Die Präsenz der extremistischen Taliban trägt auch dazu bei, dass bestehende patriarchale Strukturen innerhalb der Gemeinschaften und den Familien verfestigt werden. Gemäss Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erleben bis zu 90 Prozent der Afghaninnen häusliche Gewalt. Eine überwiegende Mehrheit der afghanischen Bevölkerung selbst sieht es als das Recht des Ehemannes an, seine Ehefrau zu schlagen.

Kraftvoll und doch bedrückend: Mädchen in Afghanistan vertreiben ihre Zeit, weil sie nicht mehr zum Schulbesuch zugelassen sind.
Nach der Machtübernahme der Taliban 2021 musste Women’s Hope das Projekt zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt in zwei Städten Afghanistans einstellen. Die Frauen vor Ort jedoch führten die Aktivitäten niederschwellig weiter und trafen sich weiterhin in Selbsthilfegruppen. Motiviert vom Mut dieser Frauen haben Women’s Hope und die Partnerorganisation WHSA beschlossen, das Projekt – angepasst an die aktuellen Umstände – weiterzuführen. In der letzten Jahren konnten wir 130 Selbsthilfegruppen mit mehr als 2’000 Mitgliedern unterstützen.
Dank dem niederschwelligen Ansatz hat das Projekt Bestand und läuft aktuell in der zweiten Projektphase. Die Sicherheit der Teilnehmerinnen hat hierbei jederzeit Priorität. Mittels kleineren Anpassungen wie etwa der mündlichen Weitergabe von Informationen anstatt physischem Material wird der kritischen Ausgangslage Rechnung getragen.
Unser Ziel
Dank dem Austausch in Selbsthilfegruppen sind afghanische Frauen gestärkt, um sich gegen geschlechtsspezifische Gewalt und insbesondere gegen Kinderehen einzusetzen. Durch die Schaffung neuer Einkommensmöglichkeiten verbessern sie ihre gesellschaftliche Position.
Was wir tun
Wir stärken bestehende Selbsthilfegruppen, damit Frauen weiterhin einen geschützten Raum finden und sich über Themen wie häusliche Gewalt und Kinderehen austauschen können. Die Gruppenleiterinnen bringen mit Inputs neue Sichtweisen ein und regen zur Diskussion an.
Vom Projekt eingestellte Fachfrauen schulen, beraten und unterstützen die Leiterinnen der Selbsthilfegruppen. Sie garantieren die Kontinuität und den Wissensaustausch.
In den Selbsthilfegruppen haben die Frauen die Gelegenheit, handwerkliche Kurse zu besuchen. Diese bauen wir weiter aus – mit Schulungen in Näherei, Seifenherstellung, Pilzanbau oder dem Besticken von Hijabs. So gewinnen die Frauen nicht nur Selbstvertrauen, sondern schaffen sich auch neue Möglichkeiten, um ihr eigenes Geld zu verdienen.
Die Frauen geben sich gegenseitig Darlehen, damit sie eigene kleine Unternehmen gründen können – etwa Schneidereien, Geflügelzuchten oder Stickereien.

Women's Hope International unterstützt Selbsthilfegruppen in Afghanistan, damit Frauen sich gegenseitig ermächtigen und einen gesellschaftlichen Wandel anstossen können.

In einem Nähkurs ereignen sich Frauen und Mädchen neue Fähigkeiten an.
Nachhaltigkeit
Der niederschwellige Ansatz der Selbsthilfegruppen hat sich in den vergangenen Jahren bewährt. Dies zeigt sich eindrücklich durch die selbständige Wiederaufnahme der Aktivitäten durch die Teilnehmerinnen, als Women's Hope und WHSA das Projekt zwischenzeitlich unterbrochen hatten.
Da die Taliban grundsätzlich Aktivitäten tolerieren, die einen wirtschaftlichen Nutzen haben, dienen die handwerklichen Trainings dazu, in einem sicheren Rahmen unter dem Radar der Taliban kritische Themen zu besprechen.
Durch gesteigertes Wissen und eigenem Einkommen stärken afghanische Frauen ihre innerfamiliäre und gesellschaftliche Position und können sich geeint gegen geschlechtsspezifische Gewalt einsetzen. Das Projekt zeigt aber auch unerwartete Wirkungen: Mütter bringen etwa ihre vom Schulbesuch ausgeschlossenen Töchter mit – und ehemalige Lehrerinnen unterrichten sie freiwillig.
Unsere Arbeit hat Sie überzeugt? Spenden Sie jetzt und unterstützen Sie unseren Einsatz gegen Kinderehen und Gewalt an Frauen.
Titelbild: Eine Gruppenleiterin spricht über die Rolle und die Rechte der Frauen innerhalb der Familie.
Erstes Artikelbild: Foto: Nava Jamshidi /WHI
Restliche Bilder: WHI
Überblick:
Land:
Afghanistan
Zeitraum:
01.01.2025 - 31.12.2026
Projektregion:
Kabul und Scheberghan
Lokale Partner:
Women's Hope Social Association (WHSA)
Zielgruppen:
Frauen, Mädchen, Familien und näheres Umfeld der teilnehmenden Frauen, Schlüsselpersonen aus den Gemeinschaften
Projektorte: Scheberghan und Kabul
Lokaler Partner: Women's Hope Social Association (WHSA)
WHSA ist eine NGO mit Sitz in Kabul, die sich für ein Afghanistan einsetzt, in dem alle Frauen frei und sicher leben können.