In den letzten Jahrzehnten wurden auf der ganzen Welt grosse Fortschritte in der Mutter-Kind-Gesundheit gemacht, so dass die Mütter- und Kindersterblichkeit gesenkt werden konnte. Doch Forschungen, Studien und Medienberichte der letzten Jahre zeichnen ein beunruhigendes Bild, wenn es um die Erfahrungen von Frauen während der Geburt geht. 

Viele Frauen weltweit werden während der Geburt ohne Respekt behandelt, vernachlässigt oder misshandelt. Dazu gehören beispielsweise verbale Demütigungen, Schläge und Ohrfeigen, das Durchführen von Interventionen ohne Zustimmung der Gebärenden oder die Verweigerung von Schmerzmitteln. Diese gewaltsamen Erfahrungen stellen einen Vertrauensbruch zwischen den Frauen und dem Gesundheitssystem dar und können schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mutter und Kind haben, wie auch zukünftige Schwangerschaften negativ beeinflussen. Allzu oft meiden Frauen nämlich in der Folge medizinische Einrichtungen. 

Ursachen und Konsequenzen
Gewalt während der Geburt ist ein weltweites Phänomen, es geschieht in der Schweiz genauso wie in Bangladesch oder Äthiopien. Wichtig ist dabei, die individuelle Ebene der Handlungen verschiedener Akteur*innen von den strukturellen Ursachen zu trennen. Strukturelle Gewalt bzw. Defizite in der Infrastruktur sind in sehr vielen Fällen die Ursache von individuell erlebter Gewalt. Muss z.B. eine Hebamme in einem Spital während einer Schicht gleich mehrere Geburten betreuen, ist es wahrscheinlicher, dass die Gebärenden eher vernachlässigt werden oder der Kommunikationsfluss abbricht. 
Verbale Demütigungen und Vernachlässigung gehören weltweit zu den häufigsten genannten Manifestationen von Gewalt, die Frauen erfahren. Gewisse Probleme treten allerdings viel häufiger in Entwicklungsländern auf. So ist es in der Schweiz unvorstellbar, dass eine Frau ihr Kind vor den Augen von Leuten zur Welt bringen muss, die mit dem Spital oder ihrer Familie nichts zu tun haben. Oder dass eine Frau die Überreste der Entbindung selbst aufputzen muss.

Indizien deuten darauf hin, dass die stagnierende Zahl an Geburten in Gesundheitseinrichtungen in vielen Entwicklungsländern auch auf die würdelose Behandlung der Frauen zurückzuführen ist. 

Das macht Women's Hope
Es gehört zu unseren Zielen, Frauen eine würdevolle und selbstbestimmte Geburt zu ermöglichen. Deshalb existieren bereits jetzt wichtige Programmelemente, welche die emotionalen Bedürfnisse der Gebärenden in den Mittelpunkt stellen und so helfen gewaltsamen Erlebnissen vorzubeugen. 
Bedürfnisse ernstnehmen: Der partizipatorische Ansatz des Tschad- und Somali-Land-Projektes nimmt explizit die Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften auf und setzt diese um. 
Schutz der Privatsphäre: Mit dem Bau von Geburtshäusern im Tschad erhalten Frauen einen eigenen Raum und müssen nicht mitten im restlichen Betrieb eines Gesundheitszentrums ihr Kind zur Welt bringen. 
Rücksicht auf kulturelle Merkmale: In Afghanistan und Tschad wird darauf geachtet nur weibliche Ärztinnen und Hebammen einzustellen. Männliches Personal würde nicht akzeptiert werden. 
Individuelle Kommunikation stärken: Coachings und Supervision helfen dem Pflegepersonal und Hebammen den Informationsfluss zu stärken und den Umgangston zu verbessern. 
Sensibilisierung während Ausbildung: Hebammenschülerinnen in Äthiopien lernen auch, wie sie mit einer guten Kommunikation zu einer erfolgreichen Geburt beitragen können. 

Mehr zum Thema erfahren Sie in der neusten Ausgabe der WHI-News.

Ergänzungen zur Diskussion "Gewalt unter der Geburt"
durch den Vorstand:

Dass Gewalt und Zwang in der Geburtshilfe weltweit ein wichtiges Problem darstellt, ist unbestritten. Im gleichen Masse unbestritten ist, dass in der Schweiz und in den europäischen Ländern ein sehr grosser Aufwand für das Wohl der Gebärenden betrieben wird. Dies ist durch die Zahlen der Studie von Stephan Oelhafen «Zwang unter der Geburt» vom 20.10.2020 belegt, in der 71% aller Patienten Zufriedenheit mit dem Geburtsgeschehen bestätigen.Die Studie belegt auch, dass eine gute Kommunikation das Erleben der Gebärenden optimiert. Dies ist selbst in der äussersten Notfall-Situation möglich. Es stellt allerdings einen hohen Anspruch an das behandelnde geburtshilfliche Personal dar, welches in der Notfall Situation zum Wohle von Mutter und Kind sehr schnell handeln muss und gleichzeitig genügend Aufklärung zu leisten hat. An einer Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit kann und soll lebenslang gearbeitet werden. Dass die Qualität der Kommunikation – im Sinne eines respektvollen Umganges auch in unseren Partnerländern v.a. in der Ausbildung der Hebammen – berücksichtigt wird, dafür setzt sich WHI ein.Zu ergänzen ist, dass das Geburtsgeschehen an und für sich «gewaltig, aber auch gewalttätig» ist. Nicht zuletzt deshalb ist immer noch die mütterliche Sterblichkeit weltweit bei 290.000 Frauen jährlich und 2 Mio. Frauen leiden an einer geburtstraumatischen Fistel.

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